Mädchenhandel mitten in Deutschland Vater verkauft Tochter (16) für 85.000 Euro an Clan Von: Dimitri Soibel

09.12.2022 - 23:03 Uhr

Die verkaufte Romina im April 2021 vor dem Kölner Landgericht. Dort wurde der Klau-Bande Ivanovic der Prozess gemacht
Foto: Mario Jüngling
Köln - Das unscheinbare Formular sieht aus wie ein Mustervertrag, mit dem man ein Auto kauft.

Doch über diesem Vordruck, bei dem die Leerstellen von Käufer und Verkäufer ausgefüllt werden müssen, steht "Heiratsverpflichtung". Die Staatsanwaltschaft in Köln ist sicher: Mit einem Dokument wie diesem werden minderjährige Frauen im Clan-Milieu gekauft und verkauft - mitten in Deutschland!

Diesen Kaufvertrag hatte der Clan zu Hause. Wie beim Autokauf heißt es dort ganz förmlich, aber nicht fehlerfrei: "Hiermit wird bestätigt, das der oben genannte Käufer an den oben genannten Verkäufer für die Tochter (...) eine Anzahlung in Höhe von (...) Euro geleistet hat. Der noch offene Betrag von (...) Euro wird in bar übergeben, sobald der Bräutigam und die Braut miteinander geschlafen haben." Weiter unten heißt es: "... seine Schwiegertochter muss Jungfrau sein." Und: "Sie muss ihre Schwiegermutter ihren Mann sowie ihren Schwiegervater respektieren und zu gehorchen." Ansonsten kann der Käufer vom Kauf zurücktreten
Foto: Privat

Als gute Diebin angepriesen

BILD dokumentiert den unglaublichen Fall von Romina S., die 2016 von ihrem Vater aus Mazedonien an den berüchtigten Familien-Clan Ivanovic in Köln verkauft wurde - für 85.000 Euro! Romina war damals erst 16 Jahre alt. Unterlagen, die BILD einsehen konnte, belegen: Diesen hohen Preis konnte der Vater nur deswegen verlangen, weil er seine Tochter als eine gute Diebin angepriesen haben soll, die viel Geld in die Familie bringen würde.

Ermittlerinnen durchsuchen einen Wagen der Familie
Foto: Mario Jüngling

Im Sommer 2016 heiratete Romina demnach Leonardo, den Enkel des Clanoberhaupts Drasko, und zog in die protzige Villa der Familie ein. Dabei sollen ihr Handy und Pass weggenommen worden sein. Sie sollte das Haus alleine nicht mehr verlassen, wurde direkt nach der Hochzeit zusammen mit anderen Frauen der Familie auf Klau-Tour geschickt. So sollte das gezahlte Geld für das Mädchen wieder eingenommen werden.

Besonders hinterhältig: Die Klau-Bande spezialisierte sich laut Staatsanwaltschaft auf ältere Menschen. Während eine Täterin die Senioren an der Tür ablenkte, schlichen sich die Komplizinnen in deren Wohnungen ein und beklauten die Rentner.

In dieser Villa residiert der Ivanovic-Clan
Foto: Mario Jüngling

Kinder als Druckmittel

Doch die Polizei kam den Frauen auf die Spur, sie landeten vor Gericht. Im Zuge der Ermittlungen kam die Geschichte von Romina ans Licht, bei einer Hausdurchsuchung fanden die Beamten den Vordruck des Kaufvertrages.

Diese Schmuckstücke (siehe auch Foto rechts) erbeuteten Romina und ihre Komplizinnen bei Senioren
Foto: Polizei

Foto: Polizei

In dem Papier ist auch festgehalten: Der Vater des verkauften Mädchens versichert, dass seine Tochter noch Jungfrau sei. Die verkaufte und zwangsverheiratete Romina bekam zwei Kinder - die vom Familienclan prompt als Druckmittel gegen sie eingesetzt wurden. Die Drohung: Wenn sie zu wenig Geld nach Hause bringt, dann würden ihr die Kinder weggenommen. Romina versuchte zu fliehen, Clan-Mitglieder brachten sie zurück.

Bei einer Razzia wurde dieser getunte Luxus-Mercedes beschlagnahmt
Foto: Mario Jüngling

Wegen der Diebstähle wurde Romina zu drei Jahren Haft verurteilt. Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig. Doch im Clan-Gefängnis lebt Romina ohnehin schon - seit sie verkauft wurde.

Der Staat zahlte dem Clan die Miete

Seit 1985 lebt die Familie Ivanovic in Deutschland - und ist doch in ihrer kriminellen Parallelwelt geblieben. Ursprünglich stammen die meisten Clan-Mitglieder aus dem heutigen Serbien.

Die Familie lebt in einem großen Haus, das laut Ermittlern 625.000 Euro wert ist. Der Clan besaß mehrere Luxusautos im Wert von einer halben Million Euro, Schmuck und Rolex-Uhren, die bei einer Durchsuchungsaktion im Sommer 2020 sichergestellt wurden. Weiter fanden Polizisten 17.000 Euro in bar in einem Strumpf versteckt.

Dabei arbeitete offiziell nur die Tochter des Clanchefs. Ihr gehörte auch das Haus, das sie an die anderen Mitglieder der Familie, u. a. ihre Eltern und Schwester mit deren Sohn und Schwiegertochter, vermietete. Weil die wiederum Sozialleistungen bezogen, wurde die Miete des Clans vom Staat bezahlt.


Quelle: